Sonntag, 19. August 2012

Weswegen weden wir nicht katholisch?

... diese Frage hatte des ehemalige evangelische Pfarrer  Andreas Theurer in einem gleichnamigen Büchlein  gestellt und für sich mit der praktischen Konsequenz der Konversion zum römischen Katholizismus beantwortet. Sicher ließe sich zu den theologischen Darlegungen Theurers und den ökumenischen Kontroverspunkten viel sagen - mindestens genauso viel wie zum beklagenswert desolaten spirituellen, bekenntnismäßigen und anderweitigen Zustand, in dem sich die evangelische Kirche derzeit befindet.

Das möchte ich jetzt nicht tun. Jenseits aller theologischen Debatten und Klagen über das Vorfindliche gibt es ja meist etwas, wo das Herz schlägt und woran das Herz hängt, etwas, das - wenn es Substanz und Bestand hat - mit so etwas der Erfahrung Gottes zu tun hat.

Ich möchte eine solche Erfahrung zu Wort kommen lassen, in der sich für mich das Entscheidende verbirgt - etwas, das so entscheidend ist, dass nichts, aber auch gar nichts: keine Hierarchien und kein Lehramt, keine Amtsträger, Heiligen, kirchlichen Traditionen (so wichtig all dies in anderer Hinsicht auch sein mag) diese Erfahrung verdunkeln darf. Wegen dieser Erfahrung bin ich evangelisch.

Es ist das De profundis clamavi des 130. Psalms, in Luthers herzergreifenden deutschen Worten (zugleich das Wochenlied für den heutigen 11. Sonntag nach Trinitatis):

Aus tiefer Not schrei ich zu dir, Herr Gott, erhör mein Rufen.
Dein gnädig Ohr neig her zu mir und meiner Bitt es öffne;
denn so du willst das sehen an, was Sünd und Unrecht ist getan,
wer kann, Herr, vor dir bleiben?


Bei dir gilt nichts denn Gnad und Gunst, die Sünde zu vergeben;
es ist doch unser Tun umsonst auch in dem besten Leben.
Vor dir niemand sich rühmen kann; des muss dich fürchten jedermann
und deiner Gnade leben.


Darum auf Gott will hoffen ich, auf mein Verdienst nicht bauen.
Auf ihn mein Herz soll lassen sich und seiner Güte trauen,
die mir zusagt sein wertes Wort. Das ist mein Trost und treuer Hort;
des will ich allzeit harren.


Und ob es währt bis in die Nacht und wieder an den Morgen,
doch soll mein Herz an Gottes Macht verzweifeln nicht noch sorgen.
So tu Israel rechter Art, der aus dem Geist geboren ward,
und seines Gottes harre.


O bei uns ist der Sünden viel, bei Gott ist viel mehr Gnade.
Sein Hand zu helfen hat kein Ziel, wie groß auch sei der Schade.
Er ist allein der gute Hirt, der Israel erlösen wird
aus seinen Sünden allen.



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